Skip to main content

Postamt Gösing am Wagram

Im Jahre 1898 stellte die Gemeindevertretung von Gösing an die Generalpostdirektion Wien den Antrag zur Gründung eines k.k. Postamts in Gösing. Dem Antrag wurde 1899 stattgegeben und ein Vertrag mit dem Gemeindesekretär Josef Güntschl geschlossen. Dieser wurde als Postmeister ausgebildet und betrieb ab 17. April 1900 den Postdienst in seinem Privathaus für die Orte Gösing und Stettenhof.

Das Postamt 3482 Gösing, Untere Zeile 7, wurde im Februar 2002 im Zuge von Sparmaßnahmen geschlossen. Die letzte Postamtsleiterin war Martina Riebenbauer (geborene Güntschl). Somit stand am Anfang wie am Ende des Postamts ein Vertreter der Familie Güntschl aus Gösing.

Im Jahre 1890 gab es in k.k. österreichischen Landen insgesamt 4.647 stabile "Postanstalten" jeglicher Art mit ganzjährigem Betrieb. Genau 287 davon zählten zu den ärarischen (staatlichen), alle übrigen hingegen, also immerhin 4.360 Dienststellen, zu den nichtärarischen (privaten) Ämtern.

Bis 1918 war es durchaus üblich, dass die staatliche Post - verstaatlicht immerhin seit 1722 - sich zur Ausübung ihrer Dienste nicht nur Staatsbeamter bediente.

Die Entlohnung der privaten Postinhaber richtete sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und bestand vielfach aus jährlichen Pauschalzahlungen für die Leitung des Amts, die Lokalmiete, den Materialankauf, die genehmigte Beschäftigung eines Briefträgers.[FN2]

Die Postdirektion Wien veranschlagte 1898 für das beantragte Postamt Gösing jährliche Aufwendungen von 370 Gulden, davon waren 180 Gulden für den Landbriefträger vorgesehen. Die Geschäftsunterlagen des Abgabenpostamts Fels ergaben für Gösing eine jährliche Korrespondenzen von insgesamt 4.086 Stück. Für Gösing wurde eine künftige Steigerung der Anzahl der Korrespondenzen angenommen und ein jährlicher Umsatz von 430 Gulden errechnet. Die Einnahmen überstiegen die Ausgaben und somit wurde die Gründung des Postamts Gösing im November 1898 befürwortet.

Antrag der Gemeindevorstehung Gösing von 1898

Die Gemeinde Gösing stellte am 4. Februar 1898 einen Antrag an die Postdirektion, der die Gründe darlegt warum eine Poststation sinnvoll wäre. Das Schreiben zeigt auch gut die Organisation der Post im Gebiet Fels und Umgebung und lautet wie folgt:

"Die ergebenst gefertigte Gemeindevorstehung bittet Eine hochlöbliche K.K. Post- und Telegraphendirection um die Errichtung eines Postamtes für die Gemeinde Gösing mit dem Sitze in Gösing und stützt ihre Bitte auf folgende Gründe:

Die Gemeinde Gösing in einer Entfernung von 4-5 Kilometer nördlich der Poststation Fels gelegen zählt 800 Einwohner, deren Haupterwerb der Weinbau ist. In der Gemeinde befinden sich circa 450 Joch Weingärten mit einem Jahreserträgnisse von mehr als 10.000 Hectoliter, welche an Weinhändler aus Nieder- und Oberösterreich verkauft und per Bahn versendet werden, wodurch ein reger brieflicher Verkehr hervorgerufen wird.

Unter den gegenwärtigen Verhältnissen kommt nun ein Brief Mittags aus Wien an, da der Landbriefträger bereits Vormittags vom Postamte Fels weggeht, so bleibt der Brief bis zum nächsten Tage liegen und kommt erst am zweiten Tage nach seiner Aufgabe zwischen 12 und 1 Uhr Mittags in die Hände des Adressaten. Noch schwieriger gestaltet sich der Verkehr mit den Nachbargemeinden Hohenwart, Elsarn, Ronthal und Mühlbach; in diesen Gemeinden, obwohl dieselben nicht weiter als eine Stunde entfernt sind, kommen die von Gösing dahin aufgegebenen Korrespondenzen erst am dritten Tage zur Zustellung an die Adressaten.

Es wäre oft von größter Wichtigkeit briefliche Mittheilungen noch am selben Tage beantworten zu können. dies ist aber bei der gegenwärtigen Organisation ganz unmöglich. Wäre in Gösing ein Postamt, so könnten von der der Haltestelle Wagram-Grafenegg die Correspondenzen um 8 Uhr 40 Minuten früh abgeholt werden, in Gösing bis 10 Uhr Vormittag zur Austragung kommen und dann Nachmittag oder mit dem Abendzuge könnte die tägliche Korrespondenz wieder zur Haltestelle gebracht und von dort weiter befördert werden.

Die nächsten Stationen für Frachtgut sind Kirchberg am Wagram und Etsdorf; kommen dort Sendungen an, so geht das Aviso zuerst nach Fels von dort am zweiten Tage nach Gösing, woselbst es zwischen 12 und 1 Uhr Mittags durch den Landbriefträger zugestellt wird.

Da Kirchberg am Wagram sowie Etsdorf 9 Kilometer von Gösing entfernt sind, kann dann erst am anderen Tage das Frachtgut abgeholt werden, in welchem Falle bereits "Lagerzins" oft in bedeutender Höhe zu leisten ist. Die gefertigte Gemeindevorstehung erlaubt sich zu bemerken, daß Hausbesitzer Josef Güntschl in Gösing, der bereits durch 18 Jahre als Mitglied der Gemeindevertretung die Geschäfte eines Gemeinde-Secrectärs zur vollen Zufriedenheit besorgt, im hiesigen Spar- und Darlehensverein als Zahlmeister fungiert, als Begründer des hiesigen landwirtschaftlichen Casino als Mitglied des Ortschulrathes das größte Vertrauen genießt, bereits sein würde, sich der Prüfungen für die Post-Expedition zu unterziehen und in seinem eigenen Hause ein geeignetes Amts-Locale ohne die geringste Entschädigung zur Verfügung stelle.

Die gefertigte Gemeindevorstehung erlaubt sich ferner zu bemerken, daß im Orte Gösing selbst als auch in dem zur Gemeinde Gösing gehörigen Dorfe Stettenhof der briefliche Verkehr sich bedeutend heben werde, da bei der gegenwärtigen Organisation besonders im Verkehre mit den Nachbargemeinden man von brieflichen Mittheilungen absehen muß und dringende Geschäfte durch eigene Boten bewerkstelligen läßt.

Die ergebenst gefertigte Gemeindevertretung stellt daher die Bitte: Eine hochlöbliche K.K. n.ö. Post- und Telegraphendirection geruhe in der Gemeinde Gösing eine Postanstalt zu errichten und deshalb die erforderlichen Vorerhebungen zu veranlassen.

Gemeindevorstehung Gösing am 4. Februar 1898"

Quelle: [FN1] Niederösterreichisches Landesarchiv, [FN2] Kainz Christine: Österreichs Post. Vom Botenposten zum Postboten, Verlag Christian Brandstätter, 1995, ISBN 3-85447-584-5, Seite 120.

Das Postamt Gösing wurde im Februar 2002 geschlossen.